Pressemitteilung der Solidaritätskampagne Antifa bleibt! im Juli 2025
Mehr als vier Jahre nach dem Beginn einer massiven Hausdurchsuchungswelle in 20 Wohnungen und dem linken Kulturzentrum Nexus in Braunschweig ist klar: Das Amtsgericht lässt die letzte verbliebene Anklage nicht zur Hauptverhandlung zu – juristisch ist das Verfahren gescheitert, politisch bleibt ein Skandal.
In Braunschweig wurden im Juli 2021, im Februar 2022 und im März 2022 unter fadenscheinigen Vorwänden durch Polizeieinheiten auf Antrag der Staatsanwaltschaft 20 Wohnungen sowie das selbstverwaltete linke Kulturzentrum Nexus aufgebrochen und durchsucht.
Nach inzwischen mehr als vier Jahren Ermittlungen ist juristisch kaum etwas übriggeblieben. Von ursprünglich 18 Beschuldigten in drei Tatkomplexen sind noch zwei Beschuldigte mit einem Tatvorwurf übriggeblieben, auf die sich die Staatsanwaltschaft versucht hat einzuschießen. Doch Anfang Juli beschloss das Amtsgericht Braunschweig auch diese Anklage nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen, da eine Verurteilung nicht wahrscheinlich sei. Alle übrigen Verfahren wurden in den vergangenen Monaten bereits eingestellt. Nichtsdestotrotz hat die Staatsanwaltschaft nun Beschwerde gegen die Nichtzulassung eingelegt.
Unabhängig von dieser noch ausstehenden Entscheidung ist klar: Juristisch gesehen sind diese Versuche der Kriminalisierung antifaschistisches Engagements krachend gescheitert. Skandalös bleibt, mit welcher Vehemenz und Gewalt Polizei sowie Staatsanwaltschaft über Jahre hinweg gegen linke Personen und Orte in Braunschweig vorgehen.
Die diffusen Ermittlungen des Staatsschutzes und der Staatsanwaltschaft Braunschweig begründeten sich im Wesentlichen auf willkürlichen Beschuldigungen durch bundesweit bekannte, gewalttätige Nazis. Sie behaupteten, von Antifaschist*innen angegriffen worden zu sein. So sollen sie etwa an dem Versuch gehindert worden sein, als rechte Bürgerwehr durch das Westliche Ringgebiet zu ziehen um dort eine sogenannte “Schutzzone” zu errichten. Bei einem anderen angeblichen Vorfall sind nicht einmal Opfer bekannt, die zu Schaden gekommen sein sollen.
Mithilfe des Gummiparagraphens “Landfriedensbruch” versuchten die Ermittlungsbehörden daraus vermeintliche Zusammenhänge zu konstruieren und in einen größeren Kontext mit anderen Gruppen kriminalisierter Antifaschist*innen im sogenannten “Antifa Ost”-Verfahren zu stellen. Ganz offensichtlich sollten damit die zahlreichen Hausdurchsuchungen und immense Repressions- und Überwachungsmaßnahmen gerechtfertigt werden. Menschen wurden observiert, durchleuchtet, erkennungsdienstlich behandelt und mit schwerwiegenden Vorwürfen belegt. Ausrichtung und Umfang der Maßnahmen zeigen einen massiven Verfolgungseifer von Polizei und Staatsanwaltschaft und lassen dabei eindeutig auf ein politisch motiviertes Vorgehen schließen. Ziel ist die Ausforschung von Personen und Orten, die sie einer “linken Szene” zuordnen, sowie die Kriminalisierung von wirksamen, sichtbaren Antifaschismus.
Die materiellen, politischen, aber insbesondere auch psychischen Folgen hinterlassen bleibende Spuren in den Leben der von dieser Kriminalisierung betroffenen Menschen – ein gewollter Effekt der uferlosen Ermittlungen und Durchsuchungen.
Trotz Repression, Einschüchterung und staatlichem Verfolgungseifer haben wir in den vergangenen vier Jahren eines immer wieder erfahren: gelebte Solidarität.
Wir haben hier vor Ort viel Rückhalt gespürt – von der Unterstützung durch Nachbar*innen über politische Solidaritätsbekundungen innerhalb der Braunschweiger Zivilgesellschaft bis hin zu grandiosem Support aus allen Himmelsrichtungen.
Diese Solidarität hat uns getragen, bestärkt und darin bestätigt, nicht allein zu stehen. Sie hat gezeigt, dass Antifaschismus nicht isoliert ist, sondern Teil eines breiten gesellschaftlichen Engagements für ein solidarisches, menschenwürdiges Miteinander.
Antifa bleibt – gegen die Kriminalisierung linker Strukturen!