Am Donnerstag, 17. Februar, wurde die Wohnung meiner Partnerin und mir in aller Früh um 6 Uhr von einer Horde Einsatzpolizei gestürmt. Dieser massive polizeiliche Angriff war eingebettet in eine scheinbar lange geplante Aktion der Polizei und Staatsanwaltschaft in Braunschweig.
Neben unserer Wohnung wurden noch 12 weitere Wohnungen in ähnlicher Weise durchsucht und dazu noch das selbstverwaltete Kulturzentrum Nexus in Braunschweig.
Die Durchsuchungen wurden laut Polizeimeldungen aufgrund von drei Vorfällen veranlasst. Jeweils behaupten Nazis, dass sie von mehreren Menschen zum Teil mit Waffen und Werkzeugen attackiert worden seien. Ernsthafte Blessuren oder Verletzungen zogen sie sich dabei nicht zu. In einem Fall ist nicht einmal klar, wer die Geschädigten überhaupt sein sollen. Laut Durchsuchungsbeschluss, der nur mir galt, werde ich mit einem Vorfall in Verbindung gebracht.
So viel zu den Hintergründen unserer Hausdurchsuchung. Zum Zeitpunkt des polizeilichen Eindringens in unsere Wohnung waren wir (zum Glück) nicht vor Ort. Uns blieb erspart, was die anderen Betroffenen erleben mussten: Die Polizei rammte die Tür ein und lief mit Maschinenpistolen in die Schlafzimmer, um die Verdächtigten aus den Betten zu zerren und zu fesseln.
Anhand des Fotos seht ihr mit welcher Gewalt in unsere Wohnung eingedrungen worden ist. Gesucht wurden Kommunikationsmittel und Tatwaffen/ Werkzeige. Die Durchsuchung fand ohne Zeug*innen statt. Weder unsere liebe Nachbarin, die uns morgens darüber informierte, dass eine Razzia stattfand, noch herbeigerufene Freund*innen wurden von den Beamten als Zeug*innen hineingelassen – was im Übrigen juristisch unzulässig ist. Munter konnten sie sich in unserer Wohnung ohne kontrollierende Blicke austoben und alles auf den Kopf stellen.
Sie fühlten sich anscheinend so sicher, dass sie sogar mit ihren Privathandys Poserfotos vor unserer zerstörten Tür machten.
So mussten sie sich nicht rechtfertigen, wieso sie den Lebenslauf meiner Partnerin abfotografierten und wieso sie Waffen oder ähnliches hinter Bilderrahmen suchten.
Neben 2 Laptops (darunter auch der Laptop meiner Partnerin, für die der Durchsuchungsbeschluss nicht gegolten hat), Festplatten (ebenso eindeutig mit dem Namen meiner Partnerin beschriftet und damit nicht vom Beschluss gedeckt) und USB Sticks, wurde Bargeld sowie eine Holz-Rätselpyramide mit “unbekanntem Inhalt” beschlagnahmt.
Und dafür haut die Polizei unsere Tür entzwei? Es gibt keinerlei erstzunehmende Belege, dass überhaupt eine der beschuldigten Personen in die Fälle verwickelt ist – es wird sich auf die Aussagen von Nazis verlassen.
Dies genügt den Braunschweiger Staatsorganen um massiv gegen die “linke Szene” vorzugehen.
Dass dies ein klar politisches Vorgehen ist, sieht man anhand des jahrelangen Versagens bei dem Vorgehen gegen Faschos in Braunschweig. Ihnen wird eine gute Sozialprognose bescheinigt, werden sie aber dennoch wieder straffällig, dann werden die Verfahren eingestellt, weil sie schon wegen “schwereren Vergehen” im Vorfeld verurteilt wurden.
Als Nazis am Frankfurter Platz am hellichten Tag einen Mann in ein Schaufenster prügelten, wurden zunächst nicht mal die Personalien der Täter aufgenommen und das obwohl Zeug*innen vor Ort waren und sich schützend vor den Betroffenen stellten.
Wieso schreibe ich das hier? Ich will nicht zulassen, dass antifaschistisches Engagement weiter kriminalisiert wird und ich werde nicht tatenlos dabei zusehen, dass der Staat versucht uns zu spalten! Verhalten wie das der Braunschweiger Polizei am Tag der Hausdurchsuchungen und – nur zwei Tage später bei einer Gegendemo des Bündnis gegen Rechts – sind eindeutige Zeichen dafür, dass man sich im Kampf gegen Nazis und Faschisten nicht auf den Staat verlassen kann.
Aber Antifaschismus ist eben nicht Backpfeigen verteilen – das ist das Schmieden von Bündnissen, Aufklärungsarbeit, das Schaffen von Frei- und Schutzräumen und einfach auch eine Haltung gegenüber Menschen, die tagtäglich gelebt wird!
Und scheinbar ist in Braunschweig der Besitz einer Rätselpyramide mit “unbekanntem Inhalt” Anlass, dass dieser Antifaschismus seitens des Staates bekämpft werden muss!
Ich möchte mich bei allen Nachbar*innen im Haus, in der Straße, bei meinen Eltern, Arbeitskolleg*innen, Freund*innen und Kneipenbekanntschaften für die Hilfe, Solidarität und das Kraftgeben bedanken. Auch meine Solidarität gilt allen Menschen, die von dieser Wellte polizeilicher Gewalt betroffen sind. Wir lassen uns nicht spalten!